Archive for the ‘Geschichte’ category

Zum Neuaufleben der Stachanow-Bewegung

Februar 6, 2013

Ein Ausschnitt aus dem sowjetischen Film … und morgen war Krieg (1987):

Die Szene zeigt in überspitzter Form den Alltag in unserem Land. Gemäß der heute üblichen Gesellschaftskonvention darf eine Frau nicht einfach eine Frau sein. Stattdessen hat sie sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen und soll gefälligst „Heldin der Arbeit“ (im Film: „Stachanow-Arbeiterin„) werden.

Die werktätige Frau als Motiv der sowjetischen Propaganda

Kaschiert wird das mit der marxistischen Parole von der Selbstverwirklichung in der Arbeit. Wenn ich meine weiblichen Bekannten von ihrer Arbeit erzählen höre, dann verwirklicht sich keine von denen. Die Arbeit wird meist als notwendiges Übel und vielfach auch als Last empfunden.

Land der Täter, Land der Opfer?

November 7, 2012

Es gibt Leute, denen es zweckmäßig und angemessen erscheint, von Deutschland als dem „Land der Täter“ (hier, hier, hier und hier) und von Israel als dem „Land der Opfer“ (hier, hier und hier) zu sprechen.

Wie falsch diese manichäische Weltsicht ist, offenbart die Abhandlung Die Zionisten und Nazi-Deutschland von Faris Yahya. Man erfährt darin u.a., wie zionistische Juden den Nazis bei der Selektion behilflich waren. Es gab viele Juden, die weitaus enger mit den Nazis kooperiert haben, als so mancher Deutsche.

Antisemitenprozesse

November 7, 2012

In seinem Artikel Antisemiten und Islamfeinde: Hetzer mit Parallelen vom März 2012 spricht der Historiker Wolfgang Benz von Parallelen zwischen Islamkritikern und den Antisemiten zur Zeit des Berliner Antisemitismusstreits.

Wer sich ein Bild darüber machen will, findet hier einen fundierten Artikel des Paderborner Professors Dr. Martin Leutzsch, der die Zeitspanne 1870 bis 1931 umfaßt. Erwähnt wird u.a. ein Antisemitenprozess von 1884, bei dem ein Johann Gildemeister als Gutachter in Erscheinung trat.

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Zur Ungerechtigkeit geschichtlicher Wirklichkeit

Oktober 27, 2012

Die Podiumsdiskussion zwischen Karlheinz Weißmann und Michael Stürzenberger beim zwischentag hat den tiefen Bruch zwischen den Lagern von PI-News und Sezession offenbar werden lassen. Manfred Kleine-Hartlage hat nicht ganz Unrecht, wenn er von Islamkritikern und Liberalismuskritikern spricht. Nur verdeckt er damit den Hintergrund der Bruchlinie.

Zwischen diesen beiden Lager liegt das, was der Grünen-Politiker und ehemalige Außenminister Joschka Fischer mit Auschwitz als dem Gründungsmythos der Bundesrepublik Deutschland meinte. Gehen Stürzenberger die Argumente aus, dann sucht er Zuflucht bei diesem Joschka Fischer. Als Folge davon scheitern er und sein Lager an einer positiven Bestimmung der deutschen Identität. Diese positive Bestimmung liegt wiederum dem Lager um Weißmann am Herzen. Aus deren Ablehnung des Liberalismus folgt eine gewisse Duldsamkeit dem Islam gegenüber, die allerdings Potenzial für eine realistische Sicht auf die gesellschaftlichen Herausforderungen birgt. Daß das Lager um Weißmann diesen Gründungsmythos nicht propagiert, führt zum Vorhalt des Antisemitismus.

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Auf dem Weg zu einer Theologie nach dem Gulag

Oktober 19, 2012

Übersetzung von
The Jewish Question In The Russian Orthodox Church
von Gregor Benewitsch

Kapitel 2

Jürgen Moltmann, den ich schon mehrere Male zitiert habe, weil er der Führer der protestantischen Theologie nach Auschwitz ist, sagte 1978: „Der Bau einer Brücke vom jüdischen zum heidnischen Ufer und zurück kann gewiss nur eine Erfahrung gemeinsamen Leidens bedeuten … Es ist vorstellbar, und ich erwarte es, daß Juden und Christen eines Tages gemeinsam Verfolgung zu erdulden haben und dann die erlösende Liebe Gottes entdecken, die sie auf einer tiefgreifenden Ebene verbindet. Es ist seltsam genug, wenngleich verstehbar, daß dieser berühmte deutsche Theologe eine solche gemeinsame Verfolgung von Christen und Juden übersieht, die im 20. Jahrhundert bereits in Russland geschah. Was folgt, wie es auch schon gesagt wurde, sind nichts als die Ergebnisse von Analysen dieser geschichtlichen Erfahrung.

Zur Betrachtung meines Themas aus einem anderen Blickwinkel möchte ich einige geschichtliche und psychologische Aspekte des Problems des Antisemitismus in der Russisch-Orthodoxen Kirche aufgreifen, diesmal im Kontext der weltweiten ökumenischen Bewegung.

Ein wichtiges thema für die westliche ökumenische Bewegung ist die Beziehung zwischen Christen und Juden. Ein Aspekt dieser Beziehung und des Dialogs der sich daraus ergeben soll, ist die Theologie nach Auschwitz, die von vielen Christen im Westen als eine Form der Wiedergutmachung für „christliche Schuld“ bearbeitet und verstanden wird.

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