Übersetzung von
The Jewish Question In The Russian Orthodox Church
von Gregor Benewitsch
Kapitel 2
Jürgen Moltmann, den ich schon mehrere Male zitiert habe, weil er der Führer der protestantischen Theologie nach Auschwitz ist, sagte 1978: „Der Bau einer Brücke vom jüdischen zum heidnischen Ufer und zurück kann gewiss nur eine Erfahrung gemeinsamen Leidens bedeuten … Es ist vorstellbar, und ich erwarte es, daß Juden und Christen eines Tages gemeinsam Verfolgung zu erdulden haben und dann die erlösende Liebe Gottes entdecken, die sie auf einer tiefgreifenden Ebene verbindet. Es ist seltsam genug, wenngleich verstehbar, daß dieser berühmte deutsche Theologe eine solche gemeinsame Verfolgung von Christen und Juden übersieht, die im 20. Jahrhundert bereits in Russland geschah. Was folgt, wie es auch schon gesagt wurde, sind nichts als die Ergebnisse von Analysen dieser geschichtlichen Erfahrung.
Zur Betrachtung meines Themas aus einem anderen Blickwinkel möchte ich einige geschichtliche und psychologische Aspekte des Problems des Antisemitismus in der Russisch-Orthodoxen Kirche aufgreifen, diesmal im Kontext der weltweiten ökumenischen Bewegung.
Ein wichtiges thema für die westliche ökumenische Bewegung ist die Beziehung zwischen Christen und Juden. Ein Aspekt dieser Beziehung und des Dialogs der sich daraus ergeben soll, ist die Theologie nach Auschwitz, die von vielen Christen im Westen als eine Form der Wiedergutmachung für „christliche Schuld“ bearbeitet und verstanden wird.
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