Archive for the ‘Rassismus’ category

Zur Ungerechtigkeit geschichtlicher Wirklichkeit

Oktober 27, 2012

Die Podiumsdiskussion zwischen Karlheinz Weißmann und Michael Stürzenberger beim zwischentag hat den tiefen Bruch zwischen den Lagern von PI-News und Sezession offenbar werden lassen. Manfred Kleine-Hartlage hat nicht ganz Unrecht, wenn er von Islamkritikern und Liberalismuskritikern spricht. Nur verdeckt er damit den Hintergrund der Bruchlinie.

Zwischen diesen beiden Lager liegt das, was der Grünen-Politiker und ehemalige Außenminister Joschka Fischer mit Auschwitz als dem Gründungsmythos der Bundesrepublik Deutschland meinte. Gehen Stürzenberger die Argumente aus, dann sucht er Zuflucht bei diesem Joschka Fischer. Als Folge davon scheitern er und sein Lager an einer positiven Bestimmung der deutschen Identität. Diese positive Bestimmung liegt wiederum dem Lager um Weißmann am Herzen. Aus deren Ablehnung des Liberalismus folgt eine gewisse Duldsamkeit dem Islam gegenüber, die allerdings Potenzial für eine realistische Sicht auf die gesellschaftlichen Herausforderungen birgt. Daß das Lager um Weißmann diesen Gründungsmythos nicht propagiert, führt zum Vorhalt des Antisemitismus.

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Schlußfolgerung von Gregor Benewitsch

Oktober 21, 2012

Übersetzung von
The Jewish Question In The Russian Orthodox Church
von Gregor Benewitsch

Schlußfolgerung

Zum Abschluß dieser Diskussion will ich meine letzte Frage aufwerfen: Antisemitismus, gibt es das? Auf den ersten Blick erscheint diese Frage zumindest seltsam, wenn nicht gar absurd. Ist Antisemitismus nicht eine alltägliche Tatsache? Er existiert nicht nur, er ist auch weit verbreitet. Weit verbreitet ist jedoch nicht Antisemitismus, wenn wir Antisemitismus als Hass gegenüber den Juden verstehen. Uns ist eine andere Form dieses Hasses bekannt. Eine davon ist der Hass gegenüber Juden als der „auserwählten Nation“ von Seiten einiger anderer Nationen, die auserwählt zu sein behaupten. Das war der Hass der Nazi-Deutschen. Dieser Antisemitismus ist jedoch kein reiner Antisemitismus. Oder er ist vielmehr überhaupt kein Antisemitismus. Die Juden wurden von den Nazis nicht als Rasse gehaßt, sondern genau deshalb, weil die Nazis dachten, daß die Juden ein Hindernis zu ihrer eigene Auserwähltheit darstellen. Die Nazis hassten die Juden somit nicht als Rasse (ein Volk mit diesen und jenen biologischen und physiologischen Eigenschaften), sondern als eine Nation, die nach ihrer Sichtweise die Verkörperung einer gewissen Idee darstellen. Die Nazis scheiterten also an der Unterscheidung zwischen den Juden als Rasse und der jüdischen Nation. Tatsächlich waren sie keine Rassisten, sie waren Nazis, was bedeutet, daß sie sich aus ihrer eigenen Nation einen Götzen machten. Ja, sie sprachen über die arische Rasse als Gegensatz zu anderen Rassen, besonders der jüdischen. Ihre Ideologie basierte jedoch auf dem Nationalsozialismus. Sie versuchten Rasse von Nation zu trennen und scheiterten daran.

Es gibt jedoch eine andere Art von Antisemitismus, den sogenannten christlichen Antisemitismus. Er besteht im Hass gegenüber den Juden als dem Volk, das daran scheiterte Christus anzunehmen und Ihn kreuzigten. Anders gesagt werden in diesem Fall die Juden gehasst auf der Grundlage einer negativen Haltung ihrem religiösen Glauben gegenüber. Hier ist es aber wiederum kein Hass den Juden gegenüber als Rasse, sondern die Rasse in einer gedanklichen Verquickung der sogenannten Antisemiten mit irgendetwas Religiösem.

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Die jüdische Frage in der orthodoxen Kirche

Oktober 21, 2012

Übersetzung von
The Jewish Question In The Russian Orthodox Church
von Gregor Benewitsch

Kapitel 3

Um zur Folgerung meines Vortrages zu kommen, will ich nun das schwierigste Problem der Quelle des Antisemitismus berühren. Die Hauptlehre, die die nicht-orthodoxe Christenheit aus Auschwitz gezogen hat, war daß der Antisemitismus vom Antijudaismus nicht zu trennen ist und seine Wurzeln darin hat. Theologen wie Jürgen Moltmann versuchen daher zu einer positiven Deutung des Judentums zu kommen. Hier ist zu erwähnen, daß das Judentum selbst in diese Richtung argumentiert. Nach Rabbi Schmuel Boteach, einem der führenden chassidischen Denker, sagt „der Talmud, daß der Grund für den Antisemitismus am Sinai begann … . Am Sinai … gab der Allmächtige … dem jüdischen Volk das wesentliche Gesetz, das es in eine moralische Nation verwandelte“. Aber, fügt Rabbi Schmuel hinzu, das war nicht genug, „die Juden wurden auch damit beauftragt, diese neue Botschaft unter allen Völkern der Welt zu verbreiten. In ihrer Eigenschaft als ‚Licht der Nationen‘, waren sie verantwortlich für die Verbreitung der von Gott gegebenen Ethik zu allen Enden der Welt. Aus einer anderen Perspektive betrachtet wurden sie als Ärgernis für die Völker gesehen, deren Wunsch in der Dominierung derjenigen bestand, die schwächer als sie selbst waren. So begann der Hass gegenüber den Juden, deren prinzipielle Existenzberechtigung darin bestand, das Wissen über Gott … der Welt näher zu bringen.“ (Moses of Oxford, Andre Deutsch, London 1994 v.2 p 661).

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Antisemitismus in der Russisch-Orthodoxen Kirche

Oktober 19, 2012

Übersetzung von
The Jewish Question In The Russian Orthodox Church
von Gregor Benewitsch

Kapitel 1

Wenn es nur so einfach wäre! – daß irgendwo schwarze Menschen mit böser Absicht schwarze Werke vollbringen und es nur darauf ankäme, sie unter den übrigen zu erkennen und zu vernichten. Aber der Strich, der das Gute vom Bösen trennt, durchkreuzt das Herz eines jeden Menschen. Und wer mag von seinem Herzen ein Stück vernichten?
Alexander Solschenizyn
Der Archipel Gulag

Das Problem des Antisemitismus in der Russisch-Orthodoxen Kirche hat, wie auch in der allgemeinen Gesellschaft, verschiedene Dimensionen. Eine davon ist die soziologische Dimension. Zur Klärung eines möglichen Mißverständnisses in Teilen der westlichen Leserschaft möchte ich mit diesem Aspekt des Problems beginnen. Lassen Sie mich eine Zusammenfassung aus dem Artikel Antisemitismus und Orthodoxie im heutigen Russland (Sicht eines Soziologen) von Vladimir Borzenco, geschrieben 1992 und vom  Keston Institute in Religion, State and Society in der Ausgabe 23 N1 1995 veröffentlicht: „Der allgemeine Anteil des Antisemitismus in Russland ist im Vergleich niedriger, als der Durchschnitt in den entwickelten europäischen Ländern“. Gemäß Borzenko, der sich mit seinen Aussagen auf die Ergebnisse einer seriösen soziologischen Erhebung stützt, „gab es in praktisch jeder Kategorie und bei praktisch jeder Frage weniger Hinweise auf Antisemitismus unter orthodoxen Untergruppen als unter Atheisten. Von nicht mehr als etwa zehn Prozent der russischen Bevölkerung als Ganzes könnte man sagen, daß sie antisemitisch sind.“

Was gibt es dann zu diskutieren, wenn die Lage so gut ist? Ich glaube nicht, daß Borzenkos Ergebnisse falsch waren, nur ist Russland kein Land des Westens. Der Anteil von zehn Prozent in Russland mag andere Implikationen haben, als vergleichbare Zahlen in, sagen wir mal, England oder den USA. Vor der Revolution stellten die Kommunisten nicht mehr als zehn Prozent der Bevölkerung, dennoch war, angesichts der totalen Krise der Gesellschaft und der Schwäche aller anderen politischen Parteien im Jahr 1917,  dieser geringe Anteil dieser kleinen, aber ideologisch starken Gruppe groß genug, um die Macht an sich zu reißen und das russische Volk in eine kommunistische Zukunft zu führen.

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Syrien: Mit kolonialen Stereotypen gegen Kofi Annan

Juli 11, 2012

Die Sprecher der bewaffneten Banditen in Syrien lehnen die in Genf gefaßten Beschlüsse weiterhin ab. Verhandlungen könnten nur darüber geführt werden, auf welche Weise der Übergang zu einem anderen politischen Machtsystem vonstatten gehe. Welche Merkmale dieses System haben sollte, können sie nicht sagen. Ihre Einigkeit beschränkt sich darauf, daß die jetzige Macht in Syrien gestürzt werden solle. Die von Hillary Clinton geführte „syrische“ Opposition stellt sich damit gegen den von der internationalen Gemeinschaft unterstützen Plan zur Beilegung der Krise.

Präsident Assad und UN-Sondervermittler Annan

Präsident Assad und UN-Sondervermittler Annan

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