Durban II: Rassismusdebatte als Nebelkerze

Durban II

Im Weblog Sicherheit findet sich eine hervorragende Zusammenfassung des Problems, das trotz der Drohung der EU nicht an Durban II teilzunehmen ja immer noch offen ist.

Völlig zurecht erinnert der Autor in der Einleitung daran, daß der Westen die Konfrontation mit dem Kommunismus „durch weltanschauliche Konfrontation“ gewann und daß man sich in die Tasche lügt, wenn man meint, daß das bei der jetzigen Auseinandersetzung irgendwie anders wäre.

Es ist nicht so, daß es niemanden gäbe, der eine Auseinandersetzung führen würde. Wenn sich etwa Menschenrechtsoganisationen wie das Arabic Network for Human Rights Information für einen Blogger in Saudi-Arabien einsetzen, der wegen Konversion zum Christentum ins Gefängnis kam und wegen angeblicher „Blasphemie“ nun von der Todesstrafe bedroht ist, dann findet hier zweifellos eine weltanschauliche Konfrontation statt.

Es darf jedoch bestritten werden, ob sich diese Auseinandersetzung allein auf Basis der Menschenrechte gewinnen läßt. Auch wenn Saudi-Arabien zusammen mit den anderen OIC-Staaten die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam seit 1990 innen- und außenpolitisch vertritt, so hatte es den allgemeinen Menschenrechten im Jahre 1948 doch immerhin zugestimmt.

Wieso?

Würden diese beiden Erklärungen in echtem Widerspruch zueinander stehen, dann hätte in Saudi-Arabien zwischenzeitlich ein der Revolution im Iran von 1979 vergleichbarer größerer Wandel stattfinden müssen. Das war aber nicht der Fall. Nun kann man wohl argumentieren, daß Saudi-Arabien hier kaum eine andere Linie als die restlichen OIC-Staaten verfolgen konnte. Als Beleg für die Gegensätzlichkeit dieser beiden Erklärung kann das aber nicht dienen.

An der Stelle ist es notwendig diese Frage unabhängig von geschichtlich-politischen Betrachtungen und allein auf Basis der Texte dieser Erklärungen zu untersuchen. Besonders gilt es, sich Klarheit über die in den allgemeinen Menschenrechten enthaltenen Freiheitsgrade bei deren Auslegung zu verschaffen. Die in dieser Hinsicht wichtigste Aussage findet in Art. 29 Abs. 2:

Jeder ist bei der Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.

die Hervorhebung verdeutlicht, daß gesetzliche Beschränkungen der in den Artikeln 2 bis 28 aufgeführten Freiheiten keineswegs ausgeschlossen sind. „Die gerechten Anforderungen der Moral“ sind der hermeneutische Dreh- und Angelpunkt der allgemeinen Menschenrechte. Der alte Menschheitsstreit darüber, was Moral ist und welche moralischen Anforderungen gerecht sind, wurde mit der Verabschiedung der allgemeinen Menschenrechten im Jahre 1948 ja nicht entschieden. Er wurde nur beigelegt und nur durch seine Beilegung konnten die Menschenrechte überhaupt universell werden!

Die zweite wichtige Aussage findet sich in Art. 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

in der Arbeit Sakralisierung von Politik und Staat führt ein Schweizer Staatsrechtler hierzu aus, daß es sich beim Konzept der Menschenwürde um einen dilatorischen Formelkompromiss handelt, weil darin „disparate religiöse, philosophische und rechtliche Vorstellungen gebündelt“ sind.

Wie bei der Moral handelt es sich bei der Menschenwürde also um ein formaljuristisch nicht faßbares Konzept, das geradezu nach einer religiösen Deutung verlangt.

Das bedeutet, daß durch die Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte nichts oder jedenfalls nur sehr wenig erreicht werden kann, weil die eigentliche Auseinandersetzung ungeachtet dessen als Ringen um die Hegemonie über die Begriffe „Moral“ und „Menschenwürde“ weiter geht.

In Bezug auf die hier gestellten Fragen zeigt dies:

(1) Ob die OIC-Staaten nun die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam vertreten oder die allgemeinen Menschenrechte und diese dann mit Scharia-Elementen anreichern, macht in Wahrheit keinen Unterschied, weil die Menschenrechte immer auch schon eine die Scharia bestätigende Auslegung vorsahen
(2) Der Westen wird die „weltanschauliche Konfrontation“ verlieren, wenn er seine eigentlichen Wurzeln weiter abscheidet und verleugnet

Folgerung:
Die Rassismusdebatte, die mit Durban II ja immer noch nicht vom Tisch ist, ist also nicht mehr als ein Versuch uns Sand in die Augen zu streuen.

Explore posts in the same categories: Durban II, Geschichte, Menschenrechte

3 Kommentare - “Durban II: Rassismusdebatte als Nebelkerze”

  1. Geste Says:

    Die Freiheit des Menschen ist unbegrenzt! Aber sie muß zwangsläufig da enden, wo die Freiheit des Anderen anfängt. Diese Freiheit ist nur von GOTT gegeben! GOTT gibt jedem Menschen die Freiheit sich für, oder auch gegen IHM zu entscheiden! GOTT will die Liebe des Menschen zu IHM! Aber ER zwingt den Menschen nicht! So wie GOTT SEINE Schöpfung liebt, so soll der Mensch den Menschen und GOTTES Schöpfung lieben! Die Liebe kann man nicht erzwingen! Sie ist ein Geschenk! Darum heißt es in der Frohen Botschaft: Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker! Wer glaubt und sich taufen läßt,
    der wird gerettet werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden! Erst wenn der Mensch Kenntnis von der Froh machenden Botschaft hat, kann er sich davon überzeugen und glauben! Erst die Wahrheit macht den Menschen frei für GOTT und zu SEINER Liebe! Was gibt es Schöneres für den Menschen, als sich in GOTTES Liebe geborgen zu wissen! GOTT schuf den Menschen nach SEINEM Bild und Gleichnis! Als Mann und Frau erschuf ER ihn!
    Geste


  2. […] nur hoffen, daß die Bundesregierung trotz der Änderungen an Durban II an ihrem Boykott dieser Farce der Vereinten Nationen […]

  3. nidinfoblog Says:

    http://stephanpfitzerswritersblog.wordpress.com/

    Auch ein höchstinteressanter Blog ! Etwas zum nachdenken!


Hinterlasse einen Kommentar