Täter und Opfer zugleich

In Demjanjuk war kein Opfer fordern Haverkamp, Schikora und Tarach den Rauswurf von Vera Lengsfeld aus der „Achse des Guten“ wegen Doppeltagebuch 1989/2009- 8. Mai und schreiben:

Zum einen wird das Schicksal von Familienangehörigen Demjanjuks, die infolge “stalinistische(r) Willkür” deportiert worden seien, umstandslos mit dem Schicksal der jüdischen (und nicht-jüdischen) Opfer nationalsozialistischer Völkermord-Verbrechen gleichgestellt, an deren Ausführung Demjanjuk mitwirkte (was auch Lengsfeld nicht bestreitet). Somit nivelliert die Autorin die Singularität des NS-Judenmords in einer Weise, die noch über die Auslassungen eines Martin Hohmann in diesem Zusammenhang hinausgeht.

Trotzdem ich mir den Artikel mehrmals durchgelesen habe, konnte ich keine Gleichstellung entdecken. Der Vorhalt der Nivellierung der Singularität des NS-Judenmordes geht also schon mal ins Leere.

Zum anderen jedoch ordnet Lengsfeld – was weitaus gravierender ist – den Täter Demjanjuk allen Ernstes den Opfern des Stalinismus UND des Nationalsozialismus zu.

Wieso sollten Täter nicht auch gleichzeitig Opfer sein?

Bei Fällen wie Tim Kretschmer oder Nadja Benaissa weisen auch alle darauf hin, daß sie Täter und Opfer zugleich waren. Deshalb ist nicht einzusehen, weswegen dieser Gedankengang bei Demjanjuk nicht zulässig sein sollte. In einem Täter auch das Opfer sehen zu können, ist ja die Voraussetzung der christlichen Feindesliebe.

Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! (Lk. 23, 34)

Ergänzung: Einen Tag vor dem Artikel von Haverkamp, Schikora und Tarach gab es dazu eine kurze Meldung in der FDJ-Zeitung Junge Welt.

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2 Kommentare - “Täter und Opfer zugleich”


  1. „Wieso sollten Täter nicht auch gleichzeitig Opfer sein?“

    ————
    Viel zu pauschal.

    Das ändert doch nichts daran, dass die Verbrechen begangen wurden.

    Mit der gleichen Logik könnte man ins Feld führen, dass Hitler auch Opfer gewesen sei, weil er in WK 1 verletzt worden war, im Knast gesessen hatte oder glaubte, sich durch jüdische Professoren an seiner Karriere als Künstler gehindert worden zu sein.


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