Menschen, Geister und Menschenweisheit
In einem früheren Artikel hatte ich dargelegt, daß die Geisteswissenschaft in einer Krise ist, weil sie Fälle wie den Amoklauf Tim Kretschmers oder bewußte HIV-Infizierungen wie wohl bei Nadja Benaissa nicht erklären kann.
Man würde nichts Falsches sagen, wenn man dem Teufel die Schuld dafür gibt – nur weiterbringen würde das die Wissenschaft genauso wenig, wie wenn man sagt, daß Gott sie nicht dazu gebracht haben kann, weil beide ja gegen Gottes Gebote gehandelt haben.
Der Volksmund nennt solches Verhalten „krank“ und ist bereit in den beiden Tätern auch Opfer zu sehen.
Was ist das für eine Krankheit deren Opfer sie wurden und wie könnte sie sich heilen lassen?
Der Kirchenvater Tertullian sah Menschen, die unter „Raserei, Abscheu erregenden Wahnsinn oder wilden Gelüsten“ litten, als Opfer von Dämonen und die Evangelien berichten, daß Jesus und Seine Jünger überall Kranke heilten, indem sie unreine Geister austrieben.
Meine Deutung wäre, daß Tim Kretschmer und Nadja Benaissa so lange von unreinen Geistern gepiesakt, genasführt und verspottet wurden, bis sie etwas Böses getan haben.
Von Dämonen zu reden mag ungewohnt klingen, aber es handelt sich hier genauso um eine gedankliche Abstraktion, wie bei dem von Sigmund Freud entwickelten Modell mit Es, Ich und Überich. Um mit Methoden der Naturwissenschaft nicht nachweisbare Theorien handelt es sich in beiden Fällen, denn ein „Überich“ kann man ja genauso wenig sehen, wie einen Dämon. Es gibt daher keinen vernünftigen Grund, die Fundamente der von Freud begründeten Psychoanalyse über das zu stellen, womit Tertullian die Geisteswissenschaft seiner Zeit konfrontierte.
Neben den Dämon kannte das von ihm skizzierte Modell auch noch die bei den Römern verehrten „Götter“, von denen er vermutete, daß sie identisch seien. Hier beging Tertullian sicher einen Fehler. Während Dämonen als rein geistige Wesen zu sehen sind, handelte es sich bei diesen „Göttern“ um etwas von der Welt, weil es ja waren Menschen waren, die sie erschufen.
Wie bei den Dämonen fällt es zunächst nicht leicht, römische „Götter“ in einem Modell zu akzeptieren, das beim Verstehen schwerer psychischer Störungen helfen soll. Vergegenwärtigt man sich jedoch die Wurzel dieser „Götter“, so wird schnell klar, was deren Rolle heute innehat: Unsere aus der griechischen Philosophie hervorgegangene Geisteswissenschaft, ist ebenso auf die Lehre von Menschen gegründet, wie damals diese „Götter“. Auch dient die Menschenweisheit den Mächten der Welt in entsprechender Weise, weswegen der Apostel St. Paulus sie auch als Weisheit der Welt bezeichnet hatte.
Was Dämonen und die Weisheit der Welt gemeinsam haben, ist die Rebellion gegen das Reich Gottes, von dem das Evangelium Jesu Christi handelt. Während die Menschenweisheit aber die Rebellion auf weltlicher Ebene vorantreibt, handeln Dämonen im Auftrag von Satan, den Tertullian als deren Fürst bezeichnete. Der Angriff auf die Psyche geschieht also von zwei Seiten: Auf der Ebene des Verstandes von der Menschenweisheit und von Dämonen auf der unterbewußten Ebene.
Hieraus ergibt sich ein Modell mit drei Akteuren:
- die Dämonen
- der Mensch
- die Menschenweisheit
bezeichnend ist, daß das Modell Sigmund Freuds ebenfalls eine Dreigestalt vorsah, dabei jedoch von Instanzen sprach, die für ihn integraler Bestandteil der Psyche waren. Von Akteuren zu sprechen ist insofern besser, weil die darin zum Ausdruck kommende Dynamik einen Hinweis auf die Veränderbarkeit und somit auf die Möglichkeit einer Heilung des Kranken liefert.
Wichtig ist weiterhin, daß erst die Externalisierung der auf den Menschen einwirkenden Faktoren die Betrachtung des Kranken als Opfer erlaubt. Bedingung dafür ist jedoch, daß der Mensch als Einheit seiner geistigen und fleischlichen Aspekte gesehen wird. Das ist auch vernünftig, weil Hunger, Trieb, Moral und Gewissen ja in Beziehung zueinander stehen.
Will man die Sichtweise, daß es sich bei den Dämonen um gedankliche Abstraktionen handelt nicht aufgeben, so bleibt als unmittelbarer Gegenstand der Untersuchung nur die Menschenweisheit und deren Interakation mit dem Menschen übrig. Den Dämonen kommt nurmehr die Rolle von Unbekannten in einer algebraischen Gleichung zu.
In abstrakter Form läßt dieses Gefüge somit als Abbildung der Interaktion dreier miteinander kommunizierender Akteure darstellen. Folgende Kürzel sollen hierbei verwendet werden:
- H für Mensch (Human)
- P für Menschenweisheit (Philosohpy)
- G für Dämonen (Ghost)
Die Aussage, daß (a) der Mensch die Menschenweisheit hervorgebracht hat, (b) die Menschenweisheit ihn seinerseits beeinflußt und (c) diese Beeinflußung dann die Flanke für den Angriff krank machender Dämonen öffnet, ließe sich dann in Form einer Abbildung wie folgt niederschreiben:
f: H->P, P->H, G->H
Auch die Aussage, daß (a) ein Mensch Menschenweisheit in sich aufnimmt und dann (b) nach einer Inspiration (c) die Menschenweisheit vergrößert, kann ausgedrückt werden:
f: P->H, G->H, H->P
Im Gegensatz zur sprachlichen Darstellung des Sachverhaltes ist die symbolische Darstellung wertungsfrei, weil die selbe Kurzform ebenso für eine negative Beeinflußung der Menschenweisheit verwendet werden kann. Das wird klar, wenn man die Abbildung fortführt und mit einem anderen Sinngehalt füllt:
f: P->H, G->H, H->P, P->H, G->H
Dies kann bedeuten, daß ein Mensch nach einer Inspiration die Menschenweisheit so vergiftet, daß andere Menschen dann zum Opfer krank machender Geister werden.
Leider ist diese symbolische Abbildungsform nicht mehr eindeutig, weil nicht klar ist, daß verschiedene Menschen beteiligt sind.
Mit Indizes kann angedeutet werden, daß es sich um ganz konkrete Akteure handelt und mit Apostrophen, daß eine Veränderung vonstatten gegangen ist:
f: P->H1, G->H1‚, H1‚->P‘, P‘->H, G->H‘
Konkret könnte dies aussagen, daß Adolf Hitler (H1) die damalige Menschenweisheit (P) in sich aufgenommen hat, deswegen dann von einem Dämon (G) heimgesucht wurde und dann in seinem Zustand als Kranker (H1‚) mittels seines Buches „Mein Kampf“ die Menschenweisheit dergestalt verändert (P‘) hat, daß viele andere vorher gesunde Menschen (H) zum Opfer des selben Dämons (G) wurden, wodurch sie ebenfalls krank (H‘) und deswegen zu Tätern wurden. Statt Adolf Hitler könnte man hier freilich auch Lenin oder Mohammed für H1 einsetzen.
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April 23, 2009 um 5:12 pm
Wir selbst sind unsere eigenen Daemonen
siehe http://www.physik.as
April 24, 2009 um 12:49 am
Geister überlasse ich Exorzisten. Davon verstehe ich nichts.
Aber sie zum Gegenstand der Geisteswissenschaft machen zu wollen, erscheint mir falsch zu sein. Dämonen und Geister sind höchstens Gegenstand der Theologie, irgendeiner „Wissenschaft“ entziehen sie sich genauso, wie der Logik. Wenn es eine Krise der Geisteswissenschaften gibt, dann die, dass sie genau deshalb am Ende ihres Lateins ist. Gottes Wege sind unerforschlich.
Ich meine damit nicht, dass wir aufhören sollten darüber nachzudenken, sondern lediglich, das wir aufhören müssen zu glauben, die Welt sei durch und durch determiniert. Auch in den exakten Wissenschaften reift diese Erkenntnis langsam heran. Descartes war ein Idiot.
An der formalen Logik Deiner Aussagen ist nichts auszusetzen, nur sehe ich nicht was sie bringen soll. Kannst Du damit Krankheiten oder Besessene heilen? Wenn sie keinen Nutzen haben, ist es brotlose Kunst, wie so vieles in Geisteswissenschaft.
Man muss ganz einfach akzeptieren, dass es verlorene Seelen gibt. Solange sie auf der Erde walten, sollten wir barmherzig sein, sie nähren und pflegen. Hernach liegt alles in Gottes Hand.
April 24, 2009 um 1:35 pm
Ich weiß im Augenblick selbst noch nicht, was sich damit anfangen lassen könnte. Irgendwie meine ich, daß sich mit einer formalen Methode beweisen lassen könnte, daß die Rationalität abhanden gekommen ist und daß sie sich nur zurückgewinnen läßt, wenn man Geister als algebraischer Platzhalter für etwas einführt, was sich (noch) nicht erklären läßt.
Der Witz ist doch, daß andauernd von Geistern geredet wird:
http://www.zionismus.info/antizionismus/petras.htm
Wenn man mal davon absieht, daß es auch machtpolitische Gründe dafür geben kann, dann fragt sich doch wie irrational die Leute sind. Kann man sowas überhaupt schreiben, ohne an Geister zu glauben?
April 25, 2009 um 7:55 am
MAn verurteilt so schnell die Menschen, und am einfachsten wäre sich die Frage zu stellen: was hätte ich denn gemacht? Ok, wenn ich krank wäre (ob AIDS oder was auch immer Anderes) oder wenn ich Probleme hätte, würde ich keinem Mensch mit Gewehr umbringen oder bewußt infizieren (oder mindestens die Wahrscheinlichkeit einer Infizierung erhöhen). Es gibt hier aber Hintergründe, die nicht schwarz-weiß sind und die wir womöglich nicht kennen. Gleichzeitig ein Menschesleben in solchen Formen zu riskieren ist bereits an sich ein schweres Verbot für mich.