Von der Verblendung des Verstandes

„Verblendung ist Schädigung des Menschen durch Lüge“ (Ignatius Brjantschaninow)

Alle Arten von Verblendung entspringen einem verkehrten Anwenden des Verstandes. Ihre Voraussetzung ist der Hochmut. Menschlicher Hochmut als Selbstverblendung bietet dem Versucher eine bequeme Bleibe, er mischt hier sein Blendwerk bei. Eigenwahn bedroht jeden Hochmütigen, der selbstsicher nach übersinnlichem, transzendentalen Erleben trachtet.

Im Gebet soll der Mensch aufmerksam und nüchtern sein Seelenleben überwachen, Bewußtsein und Freiheit GOTT zuwenden, in Herzensreue vor IHM stehen. Alles willkürliche Phantasieren und Träumen sind zu lassen und alle unwillkürlich im Bewußtsein aufsteigenden Vorstellungen oder Gesichte streng abzuweisen. Denn Vorstellungen und Hirngespinste beunruhigen die Seele, entfachen Leidenschaften und verunreinigen das Gebet. Die Gesichte führen den Unreifen zu Wahn und Verblendung: Vor seiner Wiederherstellung durch den HEILIGEN GEIST ist der Mensch unrein; in diesem Zustand ist er unvermögend, mit reinen, heiligen Geistern (Engeln) umzugehen. Er befindet sich noch — als Gefangener — im Bereich gefallener Geister (Teufel); und vermag — sofern er zum Schauen gelangt, nur sie wahrzunehmen. Merken sie seine hohe Meinung von sich selbst, so erscheinen sie ihm im Bilde lichter Engel, ja des HERRN selbst und verblenden die Seele (Ignatius Brjantschaninow). So fordert das Geistgesetz, vor einer Läuterung der Seele alles Übersinnliche, Transzendentale streng zu meiden, weil es notwendig in den Bereich gefallener Geister und der Verblendung führt.

Hl. Hierarch Ignatius Brjantschaninow

Der Hochmütige beachtet dieses Geistgesetz nicht und nimmt sich einschleichende täuschende Hirngespinste und schmeichelhafte Gesichte bereitwillig als Wahrheit auf. Aus Mangel an Ehrfurcht und aus Eigendünkel hält er sich auch unvorbereitet zu den höheren Stufen des Gebets berufen, eifert um den äußeren Mechanismus des Gebetes und drängt mit dem Verstand ins Herzensinnere — während dieser Verstand durch Leidenschaft verunreinigt, durch den HEILIGEN GEIST noch nicht erneuert ist. Unvermögend, Geistiges wahrzunehmen, erdichtet dieser ungereinigte Verstand als Ersatz für echte Schau unvermerkt selbstgefällig Gesichte, betrügt sich selbst und gelangt unter Einwirkung der Lüge und des Versuchers.

Die häufigste und gefährlichste Abart solchen Gebetes beruht darin, während des Betens sich selbst irgendwelche Bilder aus der HEILIGEN SCHRIFT auszumalen, die der eigenen Selbstgefälligkeit, Eitelkeit, vermeintlichen Klugheit oder dem Hochmut schmeicheln. Wer solche verführerischen Gesichte unter Einbezug der eigenen Person vermöge der Phantasie ausmalt und sich ihnen aussetzt, hält sie notwendig für Einwirkung göttlicher Gnade. Er gelangt außer sich, seine Vorstellung wird leiblich erhitzt. Er gaukelt sich eine Schau vor, die seiner ungeläuterten Natur entspringt, und keinerlei Wirklichkeit besitzt. Der Versucher benützt diese Selbstverblendung und steigert sie — durch schmeichelhafte Gedanken und Gesichte — zu teuflischer Verblendung.

Ein irrsinniger Hochmut macht sich geltend. Der Mensch ist unerschütterlich von sich und der Wahrheit seiner Gedanken und Gesichte überzeugt, voller Selbstherrlichkeit und blindem Selbstvertrauen. Er hält sich für begnadet, auserwählt, ereifert sich über jedes Maß — ist völlig unbelehrbar, will alle belehren — und verfällt daneben furchtlos jedem Laster.

Inmitten lügenhaften Genusses, den die teuflische Verblendung gewährt, kommen Augenblicke des Erwachens. Die Bitterkeit und Verzweiflung dieser Augenblicke ist furchtbar. Sie steigert sich mit der Zeit und führt oft zum Wahnsinn oder endet mit Selbstmord (Ignatius Brjantschaninow).

Um Verblendung zu meiden, weise alle aufsteigenden Vorstellungen, Bilder und Gesichte ab, denn Träume, Phantasien und starke Seelenregungen bedrängen das Gebet und verwirren die Seele. Nur jene, die Vollkommenheit des Verstandes vermöge des HEILIGEN GEISTES erlangen, vermögen, sie zu beherrschen (Nil Sorenski).

Quelle: Alla Selawry: Das immerwährende Herzensgebet

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2 Kommentare - “Von der Verblendung des Verstandes”


  1. […] und perspektivische Verdächtigungen scheinbar stützen. Es handelt sich um eine Verblendung des Verstandes, die mit Islamkritik nichts zu tun hat. Richtig ist nur, daß es islamische Strömungen, Gruppen […]


  2. […] Schuldzuweisungen und perspektivische Verdächtigungen scheinbar stützen. Es handelt sich um eine Verblendung des Verstandes, die mit Islamkritik nichts zu tun hat. Richtig ist nur, daß es einzelne islamische Strömungen, […]


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