Iran: Droht ein schiitisches Schisma?

Bei AINA ist ein Artikel, der den Bruch innerhalb der schiitischen Geistlichkeit beschreibt, der sich aus dem Disput um die vermutete Wahlfälschung ergab bzw. neu aufflammt. Der Streit dreht sich um die Gültigkeit des von Ayatollah Khomeini erst 1970 in einem Buch begründeten Konzepts namens wilayat al-faqih, was man wohl als Vormundschaft durch einen Rechtsgelehrten übersetzen kann.

Hier ein Ausschnitt aus dem Artikel zur Illustration dieses Konzepts: 

„Der unfehlbare Führer macht plötzlich viele Fehler, wodurch einiges an Zweifeln erzeugt werden,“ sagt Ghazi Youssef, ein schiitischer Parlamentsabgeordneter des Libanon, dem arabischen Land, in dem der Iran einen beträchtlichen Einfluß durch die Hisbolla, einer mächtigen pro-iranischen schiitischen Miliz, ausübt. „Die Mehrheit des schiitischen Klerus im Libanon glaubt nicht wirklich an wilayat al-faqih. Jetzt beginnen ihre Anhänger offen über diese Spaltung zu diskutieren.“

Außer im Katholizismus gibt es im Christentum kein Konzept der Unfehlbarkeit einer einzigen Person. Wie schwerwiegend der Streit um solch eine Anmaßung sein kann, sieht man daran, daß nicht nur der Protestantismus sich darauf zurückführen läßt, sondern auch das Schisma zwischen Ost- und Westkirche.

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6 Kommentare - “Iran: Droht ein schiitisches Schisma?”

  1. EinFragender Says:

    Es gibt im Katholizismus nicht das Konzept einer Unfehlbarkeit einer Person.
    Siehe auch: http://www.kathpedia.com/index.php/Unfehlbarkeit
    Es kann der Protestantismus nicht darauf zurückzuführen sein, weil es erst zweimal 1854 und 1950 (ganz genau genommen sogar nur einmal) zu Anwendung gekommen ist. Ebensowenig hat das mit dem Schisma zwischen Ost- und Westkirche zu tun.
    Generell ist der Vergleich zwischen dem Schiitentum und dem Katholizismus bzw. zwischen Khomeini und einem Papst ziemlich daneben.

    • antifo Says:

      Ebensowenig hat das mit dem Schisma zwischen Ost- und Westkirche zu tun.

      Hier der entscheidende Ausschnitt aus dem oben verlinkten Artikel von Vladimir Moss, auf den ich mich da bezog:

      Es gibt eine innere Verbindung zwischen der Theorie päpstlicher Unfehlbarkeit, der Einfügung des Filioque und der Abschaffung des Anrufens des Heligen Geists während des Gottesdienstes. Unfehlbarkeit ist die Eigenschaft Gottes, nicht die des Menschen; die Wahrheit und die Gnade hält man in der Kirche durch die Handlung aufrecht, nicht durch irgendeinen Mann oder eine Gruppe von Männern, so ausgezeichnet und heilig sie auch sein mögen, sondern durch das Wirken des Heiligen Geistes Gottes. Deshalb mußten die Päpste, wenn sie sich selbst in die Höhen der Unfehlbarkeit “heben” wollten, den Heiligen Geist irgendwie “zurückstufen” und selbst Seine Stelle im Göttlichen Gefüge einnehmen. Das geschah über das Filioque, das den Geist zum Subjekt sowohl des Vaters als auch des Sohnes machte und über die Doktrin vom Papst, als dem “Vikar von Christus”. Mit der Erniedrigung des Heiligen Geistes in eine Position unter die des Sohnes und der Erhöhung des Papstes zu einer Position, die, wenn auch nicht gleich der von Christus, so aber doch wenigstens direkt unter ihm war, war der Weg für die Ausrufung des Papstes als “absoluter Garant des Willens und der Lehren des Göttlichen Schöpfers” geebnet, wie man in einem mit Druckerlaubnis des Vatikans herausgegebenen Buches vor kurzem lesen konnte.

      • EinFragender Says:

        Nur ist die Anrufung des heilige Geistes (= Gott) im Gottesdienst nicht abgeschafft und noch weniger hat die Unfehlbarkeit etwas mit einer Rückstufung vom heiligen Geist (= Gott) zu tun. Eher das Gegenteil ist der Fall.
        Wenn Du den von mir verlinkten Beitrag auf Kathpedia mal gelesen hast, dann wirst Du folgendes, kurz zusammengefasst, lesen: Wir Katholiken sind der Meinung das der heilige Geist in unserer Kirche wirkt und in diesem Zusammenhang Unfehlbare Aussagen getätigt werden können. Es geht hierbei nicht darum das alle Aussagen unfehlbar sind, sondern nur sehr sehr sehr sehr wenige … zwei Aussagen um es genau zu sagen.

      • antifo Says:

        Der Text von Moss gibt eben eher eine auf die Dreieinigkeit bezogene kirchengeschichtliche Genese der Unfehlbarkeit wieder, die mit dem Anspruch des römischen Bischofs auf das Primat über die anderen Metropoliten begannen und mit der Niederlegung des Titels „Patriarch des Abendlandes“ ihren Abschluß fanden. Titel wie “Vikar von Christus” oder „absoluter Garant des Willens und der Lehren des Göttlichen Schöpfers“ gibt man sich ja nicht einfach so.

        Der Begriff der Unfehlbarkeit wie ich ihn hier verwende, ist also weiter gefaßt, als er in dem kathpedia-Artikel verstanden wird.

        Selbst wenn der Primatsanspruch seine Berechtigung gehabt hätte, wäre er mit dem zweiten Vatikanum wohl verfallen, weil es den Tod der Kirche Jesu Christi bedeuten würde, wenn die Erklärungen, die da verabschiedet wurden, für die gesamte Christenheit Gültigkeit haben müßten:
        http://www.focus.de/politik/deutschland/piusbrueder-skandal-bei-der-priesterweihe_aid_411979.html

      • EinFragender Says:

        Wer sagt das Vladimir Moss weiß was Unfehlbarkeit bedeutet? Wie er es sieht ist seine Sache. Aber wie es die katholische Kirche sieht, kann man meinen Erklärungen und dem Link entnehmen. Wer meint es sei etwas anderes oder mehr irrt sich.

        Zu den Titeln: Der Papst ist „Vikar von Christus“, warum auch nicht. Eine schwere Bürde für das Amt, die Jesus Petrus und seinen Nachfolgern aufgelegt hat. Und zum „Garanten …“, das müsste man mal im Zusammenhang lesen.
        All das hat aber nichts mit der katholischen Unfehlbarkeit zu tun und noch weniger mit dem heiligen Geist. Ich möchte nicht wissen welche Titel man so findet wenn man mal in der orthodoxen Kirche oder anderen nachschaut.

        Wenn Du oder Vladimir Moss Unfehlbarkeit anders definieren, dann sei es Euch überlassen. Es handelt sich dann aber nicht um die katholisch-päpstliche Unfehlbarkeit. Eher wohl um eine Unfehlbarkeit die man auch in der orthodoxen Kirche (und allen anderen Kirchen) zu finden meint. Denn auch fort meint man alles richtig(er) zu machen, oder?

      • antifo Says:

        Denn auch fort meint man alles richtig(er) zu machen, oder?

        Freilich. Ist aber auch kein Kunststück. Einerseits gibt es nicht diese riesige Menge von Dogmen, weil man da in der Orthodoxie eben generell zurückhaltender ist und nicht meint, alles untersuchen zu müssen. Andererseits fallen die Fehler einer OK nicht ganz so sehr ins Gewicht, weil die anderen OK das dann halt nicht übernehmen. Die OK ist insgesamt viel anarchischer, als der Katholizismus, weil man lediglich auf die Heilige Schrift, die Kirchenväter und die Kanones der Konzile zurückgreift.


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