Verteidigung der Inquisition
Auf den englischen Seiten der Piusbruderschaft gibt es einen Artikel zur Verteidigung der Inquisition in Spanien und davor in Frankreich gegen die häretischen Katharer. Es wird unter anderem dargelegt, warum die Inquisition ein Auge auf die Marranen haben mußte, bei denen es sich um unter Zwang zum Christentum konvertierte Muslime und Juden handelte.
Nachdem ich schon einige Zeit davor den Artikel Das Land, wo Blut und Honig floss gelesen habe, in dem sehr anschaulich dargelegt wird, daß im von den Arabern „al-Andalus“ genanten Spanien unter deren Herrschaft durchaus nicht alles so zauberhaft war, fand ich es interessant diese Verteidigungsschrift zu lesen. Hier ein kurzer Absatz, aus dem Weltwoche-Artikel:
Die Erfindung des muslimischen Spanien als Ort überlegenen Menschtums findet vor 250 Jahren in der Aufklärung statt und wird bis heute in unzähligen Versionen erneuert. Immer bedienen diese die Interessen der jeweiligen Zeit. Der sklerotisch erstarrten katholischen Kirche wird von den französischen Aufklärern eine idealisierte, gleichsam deistisch geläuterte islamische Gegenwelt ohne Papst, Dogma oder Scheiterhaufen vorgehalten. Wie der Rousseausche edle Wilde wird auch die Figur des edlen Muslim oder Orientalen von Pierre Bayle, Montesquieu, Voltaire und anderen zum zivilisa-tionskritischen «Tugendmodell und Beschämungsinstrument» (Siegfried Kohlhammer) ausgeformt. In Herders pädagogisierender Menschheitsutopie schliesslich erscheinen die Hispano-Araber als «Lehrer Europas», die mit dem «orientalischen Genius», mit dem «hellen Licht» ihrer Kultur die abendländische «Dunkelheit» beendet hätten.
Das ist glaubwürdig. Jede neue Epoche definiert sich schließlich als Negation der vorherigen, die sie überwunden hat. Ein gewisses Mißtrauen gegenüber entsprechenden Schauergeschichten ist also durchaus angebracht.
Das hier beschreibt die Situation vor der Reconquista:
Der hochgeachtete Gelehrte Ibn Abdun beispielsweise, Vertreter der malikitischen Rechtsschule, die sich in al-Andalus durchgesetzt hatte, verfasste um 1100 in Sevilla ein längeres juristisches Gutachten. Darin heisst es unter anderem:
«Ein Muslim darf einen Juden nicht massieren, auch nicht einen Christen. Er darf nicht ihren Abfall beseitigen und nicht ihre Latrine reinigen; es ist angemessener, dass Juden und Christen dieses Gewerbe ausüben, denn es ist das Gewerbe der am meisten Verachteten» (Nr. 153).
«Man darf nicht zulassen, dass ein Steuereintreiber, Polizist, Jude oder Christ, sich wie ein Notabler, ein Jurist oder ein Reicher kleidet, sondern man muss sie hassen, den Verkehr mit ihnen meiden und darf sie nicht mit ‹Der Friede sei mit dir› grüssen, denn ‹der Satan hat von ihnen Besitz ergriffen und sie das Gedenken Allahs vergessen lassen. Sie gehören zur Partei des Satans. Wahrlich, die zur Partei Satans gehören, werden ja (letzten Endes) den Schaden haben› (Sure 58:19). Sie müssen ein Abzeichen tragen, an dem man sie erkennt, das ihnen zur Schande gereicht» (Nr. 169).
«Man darf dem Juden und auch dem Christen kein wissenschaftliches Buch verkaufen, es sei denn, der Verfasser bekenne sich zu ihrer Religion, denn sie übersetzen wissenschaftliche Bücher und schreiben sie ihren Anhängern und Bischöfen zu, während ihre Verfasser Bischöfe sind» (Nr. 206).
Die religiöse «Apartheid» setzte sich in einer scharfen sozialen Schichtung fort. An der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie al-Andalus’ stand das Herrenvolk der arabischen Stammesverbände. Aufgebrochen aus den unwirtlichsten Gegenden der Welt, hatten sie sich der fruchtbaren Flusstäler Spaniens bemächtigt. In steter Rivalität untereinander um die lukrativsten Positionen im neuen Reich, waren sie sich einig in der Verachtung der nordafrikanischen Berber. Diese, von den Arabern zwangsislamisiert und ihnen als Klienten unterstellt, mussten mit den trockenen Berg- und Steppengebieten vorlieb nehmen und schauten ihrerseits herab auf die Muwallad, auf die zum Islam konvertierten Einheimischen. Die Herablassung aller wiederum traf die Ungläubigen, die in den Städten in Gettos lebten, deren Zeugnis vor Gericht nichts galt, denen es verboten war, auf einem edlen Tier wie dem Pferd zu reiten oder sexuelle Beziehungen zu muslimischen Frauen zu haben und diese zu heiraten, und die in der ständigen Furcht leben mussten, wegen Gotteslästerung angeschwärzt und zum Tode verurteilt zu werden. Sozial tiefer standen nur noch die Sklaven.
die Christen hatten also allen Grund das Joch eines Lebens als Dhimmi abzuschütteln.
Allein mit einem militärischen Sieg über die früheren Herrscher war es dabei aber nicht getan. Nun finde ich leider nirgendwo Informationen darüber, wie die Zwangskonversion von Juden und Muslimen ablief, aber es wird kaum nicht die römisch-katholischen Kirche gewesen sein, die mit dem Schwert drohte. Die über Jahrhunderte hinweg unterjochten Christen hatten freilich einen Heidenzorn, so daß es sicher zu Pogromen kam, bei denen für Juden und Muslime nur dann Aussicht bestand ihr Leben zu retten, wenn sie sich schnell taufen ließen. Daß solch eine Taufe in vielen Fällen nur vordergründig war kann man sich denken.
Nachdem also die weltliche Macht das Land langsam befriedet hatte, galt es, es wieder zu einem vollwertigen Teil des christlichen Abendlandes zu machen und diese Aufgabe fiel dann freilich der Kirche zu.
Der FSSPX-Artikel beschreibt das Problem, daß ein gewisser Teil konvertierten Juden innerhalb der Kirche geheime Zirkel unterhielt und nur vordergründig am Kirchenleben teilnahmen. In diesen Marranen genannten Juden sah man eine Gefahr:
Die Marranen gaben sich nicht damit zufrieden nur den spanischen Adel [ über Heirat ] zu infiltrieren, sondern sie infiltrierten auch die Kirche. In dieser Zeit lief das eine praktisch auf das andere hinaus, weil die höheren Ränge des Klerus im allgemeinen aus dem Adelsstand kamen. Einige Marranen-Priester lehten eigentlich den Talmud in ihren Kirchen. Der Bischof von Segovia, Juan Arias von Avila, gab seinen Eltern, die vom Christentum abgeschworen hatten, ein jüdisches Begräbnis. Der Bischof von Calahorra, Pedro d’Aranda, leugnete die Dreieinigkeit und das Leiden Christi. Die Kastillische Jüdische Enzykopädie spricht davon, daß die Marranen „instinktiv versuchten den spanischen Katholizismus zu entkräften.“
In seine Geschichte der Marranen (1959) schreibt der jüdische Spezialist Cecil Roth:
„Die große Mehrzahl der ‚conversos‘ [ anderer Name für Marranen ] arbeitete innerhalb der verschiedenen Zweige der politischen und kirchlichen Körperschaften heimtückisch für ihre eigenen Interessen, verdammte sehr oft auch offen die Lehren der Kirche und verunreinigte durch seinen Einfluß den ganzen Körper der Gläubigen.“
das Problem vor das sich die Kirche gestellt sah war, daß aber keineswegs alle Marranen heimlich weiter Juden blieben. Es gab auch ergebenste Katholiken unter ihnen. Um also zwischen den verschiedenen Marranen unterscheiden zu könnten brauchte es eine Befragungsprozedur, mit der sich feststellen ließ, ob das Bekenntnis zur Kirche falsch oder echt war.
Wenn das Inquisitionstribunal in einer Stadt eintraf, verkündete es erst eine einmonatige Zeit der Gnade, in der die Häretiker freiwillig ihren Fehler bekennen konnten und dafür sicher waren, daß sie nur leichte und nichtöffentliche geistliche Buße leisten mußten. Nach Ablauf dieser Zeit veröffentlichten die Inquisitoren das Edikt des Glaubens, das unter Androhung der Exkommunikation allen Christen auftrug Häretiker und diejenigen die sie schützten anzuzeigen. Eine Geheimpolizei oder ein Netz von Spionen hatte die Inquisiton nicht unter ihrem Kommando. Sie zählte auf die Zusammenarbeit des katholischen Volkes, das in der Weise eher als Wächter des sozialen Konsens agierte, denn als Unterdrückungsapparat eines Staates.
März 22, 2009 um 12:30 pm
Auch eine sehr interessante Seite, regt zum nachdenken an!
http://stephanpfitzerswritersblog.wordpress.com/
Dezember 2, 2010 um 10:51 am
Sehr verständnisvoller Artikel, aber womit hatten die spanischen Juden den „gerechten“ Zorn der Christen erregt, wo doch beiden unter den Muslims angeblich im gleichen Boot saßen. Dieser Artikel ist nichts weiteres als die nachträgliche Rechtfertigung von religiös motivierten Mord und Totschlag. Da ist ja selbst der Papst schon weiter! Und noch so eine Logik, Zitat: „Sie zählte auf die Zusammenarbeit des katholischen Volkes, das in der Weise eher als Wächter des sozialen Konsens agierte, denn als Unterdrückungsapparat eines Staates.“ Ersetze katholisch durch muslimisch, dann kannst du mit diesem Satz auch die Verfolgung von Nichtmuslimen in Afghanistan rechtfertigen.